openmedi

2015-07-03-Nacht

Die Frage ist, warum ich an der ANT rumbaue. Ist sie unvollständig? Naja. Der Punkt ist eher, dass es nicht schadet speziellere Werkzeuge zu haben, mit denen man verschiedene Phänomene der eigenen Umwelt sozusagen instantan erklären kann.

Das Tendenziöse dient der allzu offensichtlichen Problematik, dass Akteure sich nicht nur artikulieren, sondern dabei immer eine Tendenz, ein Subtext mitschwingt. Akteure können sich nicht x-beliebig verhalten, nicht x-Beliebiges aushalten. Deshalb kommt es zu Konflikten. Und all das wird nicht allein durch die Art des Existierens, durch die Existenzweise, bestimmt (bzw. schon, aber es ist damit schlecht artikuliert).

Toxizität ist ein Grad für die Fremdheit des Akteurs in Akteur-Netzwerken. Zwar sind Akteure prinzipiell sehr verschieden zueinander und Akteur-Netzwerke sehr heterogen, dennoch ist es so, dass sie ein Netzwerk ergeben, dass irgendwas herstellt oder herstellen will. Netzwerke verhalten sich nach bestimmten Existenzweisen. Toxische Akteure stören den Herstellungsprozess und müssen neutralisiert werden, in dem man ein Antidot schafft, d.h. einen Akteur, der den toxischen Akteur reproduzierbar ausschalten kann. Prinzipiell ist jeder Akteur in der Lage toxisch zu sein, denn es kommt auf das Netzwerk an. Und da ein Antidot auch Gegengift genannt wird ist damit sogleich klar, dass es um eine relative Zuschreibung geht.

P.S.: Und nicht nur instantan! In der Tat sind das ja Tools, die sich aus meiner Erfahrung ergeben haben. Das Tendenziöse war nach genug Latour-Lektüre und im Nachdenken über die Demokratieproblematik irgendwann sehr offensichtlich und das toxische ist ein Werkzeug um mit der ANT Phänomenen des Internet' nachgehen zu können (wo es zu Schließungen von Diskussionen nur sehr selten kommt und trotzdem ständig was passiert).

2015-06-30-Nachmittag

Was mir fehlt ist die Zeit für gründliche empirische Arbeit. Ich entschuldige das mit dem anstehenden Auslandsjahr in Aarhus. Die Wahrheit ist aber, dass ich seit letzten Mittwoch so gut wie nichts gelesen habe und mich das sehr unglücklich macht. Es fühlt sich an, als verlöre ich Zeit. Aber vor allem fehlt mir die Konzentration am Abend. Kein Grund nicht spekulative Gedanken weiterzudenken:

  • Wenn man irgendwas nicht braucht um etwas gut zu beschreiben, dann braucht man es nicht - Ockhams Rasiermesser
  • Aber: laut den Existenzweisen, kann man gern mehr als ein Tool besitzen: “Shouldn’t even the most hardheaded rational- ists rejoice that there are several types of instruments, as long as each one is well honed?” (Bruno Latour, An inquiry into modes of existence: an anthropology of the moderns, Cambridge, Massachusetts (Harvard University Press) 2013, S. 19)
  • Deshalb: Frage ob “Tendeziöses” von Akteuren nötig? Vielleicht nicht. Erhöht es die Beschreibungsqualität? Ja. Also: Warum nicht?!

P.S.: Wie gesagt: Etwas knappe Energie gerade für lange Gedanken und zu schlechtes Gewissen, weil ich zu wenig nachlese (etwa bei Freud/den Analytikern, bezüglich des Anarchismus, in Latours Existenzweisen (bin im 7. von 16 Kapiteln). Außerdem müsste man wegen des Animismus mal schauen, mit dem man diesen Gedanken formulieren könnte.

2015-06-28-Abend

“Imagemaking.” “Surprise!” Sind die beiden Worte, die ich mir gerade beim Lesen von Günter Hacks None-Zine zum Fotografen William Klein, zwei rohe Gesprächstranskripte enthaltend, notiert habe. Ich freue mich immer, wenn ich jemanden darüber reden höre, wie er_sie die eigene Arbeit als Arbeit versteht, als machen und auch deshalb nicht ausschließt, dass er_sie von ihr überrascht werden kann. Es lohnen sich dort auch die Kommentare und was man von meiner Position aus sehen kann: Es öffnet sich hier ein unendlich interessanter, nicht ganz ungefährlicher Schlund, den man erkunden könnte (ich kann einfach nicht aufhören in der Metapher der ozeanischen Tiefe zu denken…).

Noch zwei Sachen dazu: @goncourt brachte mich darauf, dass ich ja noch etwas von Francois Laruelle lesen wollte. Und auch das mit Bezug zur Fotografie. Und die Fotografie hat ja auch was mit der Hausarbeit BenjaminLatour zu tun. Und mit Imagemaking.

Über meinen kleinen Kybernetikbeitrag dann auch bei Twitter noch mit @MaxGawlich gesprochen und den Hinweis auf Pickering und Hagner bekommen. Sehr wichtig wohl auch Felsch. Muss ich mir jedenfalls noch durchsehen.

Also: Fotografie und Imagemaking und Kittler und Kybernetik und Psychiatrie und ANT und Theorie und die Überraschung.

Wichtig auch: Die Differenz wie Werke produziert werden und wie man darüber nachdenkt. Und dass jeweils für Benjamin und Latour gesondert. Und diese Differenz dann historisch erklären. Jeweils. Und dann deren Verbindung zueinander über eine Rezeption des Kunstwerkaufsatzes durch Latour aufzeigen. Und zeigen, dass der Kunstwerkaufsatz auch danach noch existiert. Außerdem: Der Hinweis darauf, dass Kategoriefehler im Sinne der Existenzweisen Latours möglicherweise positiv zu interpretieren wären. Und am Ende selsbtreflexiv mich selbst in die Untersuchung miteinbeziehen als derjenige, der die Untersuchung macht und damit auch wieder einen bestimmten “Frame of Reference” hat.

You are not logged in