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Thursday, August 13, 2015

2015-08-13-Nacht

Spät schreibt er, aber er schreibt. Ich habe einen sehr produktiven Tag hinter mir, in dem ich vor allem weltliche Dinge ins Rollen brachte. Ich habe z.B. einen Stundenplan gebaut:

Die Quarters sind halbe Semester. Man schafft hier in Aarhus also vier Kurse in einem Jahr zu je ca. 5 ECTS. Zumindest auf dem Papier ein gutes System.

Habe die letzten Tage hauptsächlich in der Bibliothek verbracht und mit meinem Setup gerungen und bin jetzt wieder dort angelangt, wo ich einst loslief: Soll heißen ikiwiki. Aber sehr anders als zuvor. Ich will das bei Gelegenheit drüben bei EDIT vernünftig vorstellen.

Mir liegt das frühe Aufstehen erstaunlicherweise. Heute auch wieder. Ich stehe gegen 7 auf, mache mir Frühstück und Stullen für den Tag und mache mich auf den Weg. Ich bin selten nach 09:30 Uhr in der Bib. Zurzeit laufe ich noch die 30 bis 40 Minuten bis dorthin. Aber ich versuche mir ein Fahrrad zu organisieren. Laut meinem Buddy N. ist Fahrradfahren auch im Winter kein Problem.

Morgen gehe ich endlich zum Barbier und hoffe inständig, dass ich danach nicht weinen muss. Mit Barber’s in Berlin war ich immer so glücklich, hoffen wir, dass Aarhus Barber ebenfalls gut sein wird.

Ich habe außerdem meine Rückfahrt - mein Opa wird 80 und ich werde ein verlängertes Wochenende in Berlin sein - nach Berlin organisiert und bin jetzt stolzer Besitzer einer Bahncard 25 (denn für Auslandsfahrten kriegt man eh nur 25 Prozent…). Die finanzielle Lage ist dank der ersten Erasmusrate fürs Erste auch stabil, wenn auch - wie eigentlich immer in meinem Falle - prekär. Ich lebe mich so langsam ein. Ich weiß, wo ich Dinge einkaufen kann, wenn auch noch nicht alles, mir fehlt noch Zugang zu vegetarischen Produkten. Ich kann mich so langsam orientieren und die erste übermächtige Unsicherheit der Fremde ist auch überwunden wie es scheint. Damit einhergehend auch ein bisschen der Zauber. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass Dänemark zwar Fremde ist, aber in dieser Fremde viel liegt, was sich aus historischen Gründen mit meiner heimischen Umgebung verbinden lässt, es gibt hier nämlich ein bisschen deutsche Kultur dank der deutschen Minderheit.

Facebook ist mir bei der Orientierung und der Organisation der Dinge hier vor Ort eine große Hilfe. Es gibt viele Gruppen, die sich als nützlich und hilfreich erweisen, selbst wenn ich so gut wie nichts beizutragen habe.

Ich fühle mich, auch das sei zugegeben, noch etwas orientierungs- und ziellos. Ich organisiere, arbeite, schreibe und lese zwar den ganzen Tag, aber es scheint nur sehr schwerfällig voran zu gehen. Alles für das Leben hier muss mühsam recherchiert und dann durchgeführt werden, was mich vom Lesen und Schreiben abhält. Das gefällt mir nicht. Sollte ich einfach lesen und schreiben, bis das Leben an die äußere Schädeldecke klopft? Klopft es vielleicht schon und deswegen fühle ich mich wie in so einer Zwischenwelt? Zwischen lesen und schreiben und der Organisation des Lebens hier, die nicht gerade wenig Zeit in Anspruch nimmt, fällt es schwer zu entscheiden auf was ich mein ganzes Gewicht legen kann. Da es noch nicht losgeht mit dem Studieren, kann ich noch nicht absehen, wie realistisch meine Hausarbeitenpläne sind. Und sollte ich mir nicht auch die Stadt ansehen? Und dänisch lernen? Einen Sportkurs besuchen? Und natürlich: Leute kennenlernen? Letzteres passiert ohnehin, daran habe ich keinen Zweifel.

Kurz: Es geht voran, auch wenn die Organisation der Dinge viel Zeit und Energie in Anspruch nimmt und ich außerdem nicht so viel Zeit mit lesen und schreiben verbringen kann, wie ich gerne wollen würde. Hinzu kommt, dass die nähere Zukunft bezüglich meiner verfügbaren Zeit hier in Aarhus ungewiss ist und es mir daher schwer fällt eine gewisse Ignoranz - die fürs unablässige Lesen und Schreiben nötig ist - gegenüber dem weltlichen Geschehen um mich herum vor mir selbst schwer verteidigen kann. Wenn ich mich jetzt bis zu den Ohren in die Geschichte Walter Benjamins stürze und dann feststelle, dass ich ab nächster Woche für nichts Zeit habe, außer den Kursen an der Uni, was habe ich dann gekonnt? Andererseits: Spielt das eine Rolle, wenn ich alles in mein neues Zettelkastensystem einpflege?

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