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Fragen für 2015-06-23-Kittler

(Fragen und Antworten zu Kittlers "Rock Musik")

1.) In welchem Verhältnis stehen hier Götter, Menschen und Medien?

Der Text fängt mit Nietzsche an und referenziert vermutlich den “Tod” Gottes. Direkt zitiert wird jedenfalls eine Stelle aus den fröhlichen Wissenschaften, in denen der Rhytmus einer Sprechweise das Anliegen näher an Gott herantragen könne, denn Verse prägten sich dem Menschen besser ein und man vermutete außerdem, dass man Rhytmisches auch über weitere Strecken hören könne.

Das nimmt Kittler nun zum Anlass diese Idee ins 20. Jahrhundert zu verlängern und mit der Rockmusik zusammen zu bringen. Dabei stellt er erstmal fest, dass Gott (als Empfänger) und der Mensch (als Sender) vor dem Medium selbst “verschwinden” (in dem Sinne, dass es um den sogenannten Menschen geht und dieser lediglich als Speicher- und Übertragungsmedium bei NietzscheXKittler (das ist ein Chiasmus) gedacht wird).

Das Verhältnis ist also: Des Menschen Botschaft an Gott wird, bei genauerem Hinsehen, weder von Gott noch vom Menschen bestimmt, sondern Gott und Mensch sind durch Medientechnik gegeben. Das Ausdrückbare - das von Kittler, das von Nietzsche, das von mir - wird von den Medien vorgegeben: der Begriff vom Menschen ergibt sich aus dem speziellen Ensemble von Akteuren, die zum Ausdruck dieser Begrifflichkeit tendieren.

Mit der Medientechnik der zwei Weltkriege kommt jetzt ein neues Regime, dass mit dem alten Regime gemein hat, dass MenschenXLeute und GottXNeue Götter hier auch wieder auftauchen und Leute von der Medientechnik ebenso eingefangen werden, wie die Griech_innen von ihrer Lyrik. Diese neuen Götter sind dabei, glaube ich, die verschiedenen Medientechniken selbst bzw. deren Virtuosen bzw. das Ensemble dieser Akteure bzw. “der Krieg”.

Am Schluss steht, dass statt Musik genau genommen der Sound, den Kittler auch in anderen Texten beschreibt, also jene Nachbildung und Ausnutzung von Geräuschen zur Produktion von Kunst, den Kanal zu den neuen Göttern beschreibt und dieser Zugang ist also, wie es auch in anderen Texten heißt, viel direkter oder “unmittelbarer”, weil er nicht den Umweg über Verse und einzelne Töne nimmt, sondern die Kriegsrealität zu “simulieren” sucht.

2.) Welche historischen Spuren führen im Text zur TU Berlin?

Der Text macht zwei eindeutige Anspielungen: Erstens gibt es einen Hinweis auf einen Prof. Slaby der TU Berlin, der im Jahr 1904 von Potsdam nach Charlottenburg funkte und dann noch einen auf die Firma Telefunken, nach der an der TU Berlin zumindest ein Hochhaus bis heute benannt ist und damals extra für das Heer gegründet worden war. Darüber hinaus spricht Kittler von Berlin, wenn es um das Tonbandgerät der Beatles geht, mag sein dass auch das auf die TU Berlin referiert.

3.) Welches (historische/ästhetische/politische) Programm formuliert der Titel des Aufsatzes?

Rock Musik wird von Kittler als “Mißbrauch von Heeresgerät” beschrieben, was an eine Wendung anschließt, die ein Propagandist im Ersten Weltkrieg machte. Kittler zeigt, dass sich die ganze Rockmusik, der Sound, der Schnitt, die Übertragung, die Ästhetik als vom Krieg ausgehend sich beschreiben lässt. Dementsprechend wäre das Programm vielleicht, diesen Missbrauch weiter zu führen und auf die Spitze zu treiben, jetzt dann mit den Mitteln des Computers. Allerdings ist das nicht wirklich klar. Genauso gut könnte er meinen, dass man jetzt erstmal auf den nächsten Krieg warten müsste, bevor sich wiederum neue Götter und all das zeigen würden. Vielleicht liegt die Wahrheit auch irgendwo dazwischen, oder beides ist in gleichem Maße wahr. Jedenfalls kann von einem eindeutigen Programm nicht die Rede sein.

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