Republish: AlteNeueGeschichte
Dass es bei der Geschichte um Geschichten (Plural) geht liegt schnell auf der Hand: Allein, dass man einen Unterschied zwischen alter Geschichte und neuerer Geschichte (und neuster Geschichte) macht deutet darauf ja schon hin. Trotzdem scheint mir der Grund dafür immer noch hauptsächlich in der Tatsache begründet, dass man möglichst große Geschichten, große Erzählungen (wenn denn eine Geschichte schon nicht funktioniert) schreiben möchte. Epochen sind demnach nicht nur für die Periodisierung (siehe [[Perdiodisierung]]) im Sinne einer Interpretation des auf der Welt Passierten zu begreifen, sondern anders herum (auch) als Sinneinheiten, in der sich homogene Narrative gerade noch umsetzen lassen. Auch der Stil der jeweils umgesetzten Geschichte lässt sich in den Unterschieden von alter zu neuer Geschichte erkennen: diese ergeben sich allein schon aus den Ansprüchen, die sich aus der jeweiligen Quellenbasis herleiten. Wer viele Quellen hat, wird eine "Epistemologie des Details"[^1] eher vorziehen als eine große Erzählung. Als unabhängige aber in Beziehung gesetzte Forschungsprogramme entsteht daraus eine gewisse Reibung. Diese lässt sich natürlich nicht auflösen. Es ließe sich aber vermutlich zeigen, dass es sich um verschiedene Forschungsprogramme handelt und dass es möglich ist sich die Relation der verschiedenen Forschungsprogramme zu nutze zu machen, um die großen Erzählungen historisch-epistemologisch zugänglich zu machen, in dem wir sie als einen Versuchsaufbau neben anderen darstellen. Kurz gesagt: Es wäre eine Geschichte der Fallstudien und Versuchsaufbaue der Disziplin Geschichte denkbar, die Mikrogeschichte (siehe [[MikroGeschichte]]) (oder hier vielleicht wirklich: Mesogeschichte[^2]) wäre und trotzdem die großen Erzählungen, die pädagogisch und heuristisch durchaus wertvoll sind, als Aussagensysteme (also diskursiv) oder Akteur-Netzwerke (siehe [[NetzwerkANT]]) integriert. Im Prinzip versuche ich das mit meinem Projekt [[DieGeschichte]] umzusetzen (wenn ich es denn versuche…).
[^1]: Hans-Jörg Rheinberger, Experimentalsysteme und epistemische Dinge, (Suhrkamp) 2006, S. 174-175
[^2]: Patricia Lengermann, Gillian Niebrugge, Moments in the Methodology of Meso History, in: The American Sociologist, 38/4, 2007, 340–351.