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2015-09-25-Nachmittag

Quasi-Fourier-Analysen von Theorien

Werde das hier nicht an Beispielen darstellen können. Aber: Ähnlich wie Fourier-Analysen komplexe Bewegungen in einfache Bewegungen zerlegen - dazu sehr schön diese Erklärung - kann man es auch mit Theorien - auch postmodernen - betreiben.

Mein Eindruck ist, dass sich auf diese Weise die Funktionsweise von Theorien besser beschreiben lässt. Was wirkt wie in welcher Theorie? Wie ist das Zusammenspiel der Theorieteile organisiert? Was man macht, ist Theorien bezüglich ihrer Bewegungen oder Gesten hin zu untersuchen. Der Nachvollzug kann dann entlang dieser Haltungen, Stimmungen, usw. geschehen. Je umfangreicher nachvollzogen, d.h. beschrieben wird, desto mehr nähert sich die Beschreibung der Theorie der Theorie an, was das Problem der eigentlichen Unerklärbarkeit von Theorien aufgreift.[^1] Aber die entscheidende Produktivität der Fourier-Analysen-Metapher ist hier, dass sie die Herstellung der Theorie aus einzelnen Bewegungsmomenten, Haltungen, Stimmungen, usw. einerseits arbiträr anderseits aber nicht chaotisch zugänglich macht. Am Ende muss nämlich das richtige Verhältnis der Einzelteile und ihre Stellung zueinander gefunden werden, um die ganze Figur dessen, was andere Theorie nennen zu ergeben. Man beschreibt sich in gewisser Weise an die Form der Theorie heran, wenn man sich die Einzelheiten dieser im Verhältnis und seiner Dynamik zueinander stellt.

Eine gute Einführung arbeitet daher nach diesem Prinzip. Sie hat keine Angst davor erst nur grobe Bewegungen innerhalb der Theorie nachzuvollziehen, die von Kenner_innen notwendig als zu hölzern und daneben angesehen werden müssen, es aber Neulingen ermöglichen sich auf die Eigenbewegung einer jeden Theorie einzustimmen, bis man schließlich mit ihr in Vollständigkeit selbst oder im Wechsel mit anderen Akteuren anfangen kann zu tanzen.

[^1]: Dazu fällt mir der Text “Flechsig, Schreber, Freud” von Kittler: Friedrich A Kittler, Flechsig/Schreber/Freud: Ein Nachrichtennetzwerk der Jahrhundertwende, Die Wahrheit der technischen Welt: Essays zur Genealogie der Gegenwart, Berlin (Suhrkamp) 2013. Darin und im Vorwort zu den Aufschreibesystemen : Friedrich A Kittler, (Vorwort) Aufschreibesysteme 1800/2010, in: Zeitschrift für Medienwissenschaft, 6/1, 2012, 114–126. entwickelt Kittler die These, dass die Beschreibung mit zunehmender Detaildichte mit der Realität des zu Beschreibenden zusammenfällt.

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